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Nordamerika Tour 2023 – Tag 133 / 10.09.23


Endlich möchte ich sagen, es hat über Nacht der Nebel verzogen und wir haben den Blick auf den Strom genossen. Die Etappe war sehr schön und abwechslungsreich. Mal Paradestrecke Autobahn direkt am Strom, mal durch die angrenzenden Berge, wenn sie als Steilhang zum Strom keinen Platz für eine Straße ließen. Die Berge sind nicht besonders hoch, aber durch die geologische Faltung sehr steil. Steigung, bzw. Gefälle von 15% war ganz „normal“. Ich bin jetzt richtig in der „Wildnis“. Es gibt keinen „Speckgürtel“ einer Großstadt und schon werden die Orte kleiner, zwar mit Kirche aber ohne Tankstelle. Zum durchfahren und anschauen ok, da leben, Herrgott nein. „Wildnis“ in Quebec heißt im wesentlichen, dass die Menschen kein englisch gelernt haben / lernen mussten und kommunikation schwierig ist. Man ist wieder bei der Hände / Füße Sprache mit dem sehr schönen Gefühl, dass es zum Ziel führt, weil beide Gesprächspartner das gleiche Ziel verfolgen.
Ich habe ein paar Bilder gemacht, zum einen die tolle Wohnlage rund 150 Meter bis zum Strom und die häufiger werdenden Aussichten Stationen mit Sitzmöglichkeiten, teilweise sogar überdacht. Der Ort hat zwei Besonderheiten, der erste ist geographischer Natur. Ich kenne die Definition zur Mündung von St. Lorenz Strom nicht. Ich bin am östlichsten Punkt der Provinz Quebec – danach ist es Atlantik, vielleicht auch namentlich eine Bucht. Die Landmasse von der Provinz Labrador geht noch ein gutes Stück weiter Richtung Osten. Die zweite Besonderheit war ein Pfälzer, der mit mir lange gequatscht hat. Er hat seine ausgewanderte Schwester in Vancouver besucht und dann eine Reise quer durch Canada unternommen, die mit dem Rückflug von Halifax aus enden wird.
Zurück zu meiner Tour: nach dem östlichsten Punkt von Quebec ging es ein Stück Richtung Süden der Küste entlang. Einiges änderte sich, denn es gab wieder kleine Häfen und in der Landschaft immer wieder Inseln von Fichtenwäldern. Mein Zielort für heute und morgen ist der Petite Gaspe Campground im Forillon National Park. Der Park ist flächenmäßig sehr groß und teilt sich in den Nordteil am Atlantik mit Laubwald, und in den Südteil in der Bucht von Gaspe mit canadisch typischen Fichtenwald. Zumindest so wie ich Canada emotional (Calgary, Rocky Mountains) verbinde. Der Empfang war sehr nett, der Platz weitläufig und die Parzellen wunder schön. Man merkt das Ende der Saison, denn es gibt viel unbelegten Platz. Auch habe ich gesehen, dass eine Familie mit drei prall gefüllten Tüten mit Waldpilzen zurück gekommen ist. Ansporn für morgen die Augen auf zu halten. Das zweite Ziel dieses Ortes ist Walbeobachtung, wobei ich es auf mich zukommen lasse, denn eine „feige“ Jagd mit Touristenbooten lehne ich für mich ab. Entweder diese tollen Geschöpfe zeigen sich von Land aus, oder halt nicht.
Ach ja, und ich bin wieder in Black Bear Gebiet – ganz ehrlich, hätte nix dagegen einen zu sehen.
Übermorgen bin ich dann in New Brunswick, einer Provinz, wo die erste Sprache englisch ist und mir damit vertrauter ist. Ich habe direkt und indirekt die Bestrebungen der Unabhängigkeit von Quebec von Canada erlebt und habe habe heute sehr viel Mitgefühl für beide Seiten. Mein Gefühl ist tatsächlich, dass Quebec Frankreich ist, und nicht Canada, oder globaler Nordamerika. Das war auch meine Wahrnehmung in französisch Polynesien, eine Ambivalenz zwischen Inseln der Südsee und der „Mutter“ Frankreich.

Nordamerika Tour 2023 – Tage 131 / 132 – 08.09./09.0923


Der Wetterumschwung war so heftig, dass ich einen Tag, wie andere Camper auch, länger in Saint Ulric geblieben bin. Bei starkem Wind, viel Regen und Kälte habe ich mich mit dem Thema Wale und andere Meeressäuger im Bereich des St. Lawerence Stromes beschäftigt. Ein sehr guter Spot ist Riviere du Loop, um Wale von Land aus zu beobachten, weil der Strom sich deutlich verengt und zusätzlich durch eine größere Insel geteilt wird. Ich habe leider keinen an den zwei Tagen vor Ort gesehen. Richtung Atlantik kommen noch einige erwähnte Spots, und dann natürlich in den Buchten am Atlantik von New Brunswick, Prince Edward Island und Nova Scotia.
Die Nacht war sehr nass und der Nebel heute morgen immer noch heftig. Ich bin jetzt noch gut 4 Wochen on Tour, plus eine Woche Halifax, um die Rückverschiffung und Rückreise vorzubereiten. Um nicht unter Zeitdruck fürs Restprogramm zu kommen bin ich dann um 11 Uhr weitergefahren. Die ersten 100 Kilometer waren sehr anstrengend mit Sichtweite in den Niederungen von 50 Metern und etwas höher 150 Meter. Danach klarte es insoweit gut auf, dass der Nebel aufstieg und die Sicht freigab. Der Hyw. 132 verläuft an vielen Stellen direkt am Strom entlang, malerisch, idyllisch. Dazu immer wieder Warnhinweise überschwapperten Wellen bei Sturm. Da es Ebbe war bestand dieses Risiko nicht. Die Orte sind hier recht klein und ich frage mich was die Menschen hier machen und wovon sie leben. Fischfang jedenfalls nicht, denn das Ufer ist blanker von Ebbe und Flut bizzare geformte Felsen. Dementsprechend gibt es auch keine Häfen, aufgrund fehlender Fahrrinne. Das einzige was es gibt sind Slipanlagen für private Angler, die bei Hochwasser mit ihrem geringen Tiefgang über die Klippen kommen. Auch wenn es unterwegs zunehmend Hummer Angebote gibt habe ich noch keinen Betrieb mit Hummerfallen entdeckt. Die einzige nennenswerte Stadt auf dem Abschnitt ist Matane. Auch wenn ich den Ursprung weder auf der Nordseite, noch auf der Südseite kenne ist es die letzte Fährverbindung im Osten. Auf der Nordseite geht es dann richtig in die Wildnis von Labrador. Da kommen Bilder von Pelz Jägern und anderen Mythen zu Canada hoch, die so, zumindest heute, gar nicht wahr sind. Auf der Südseite bleibt es zwar dünn besiedelt, aber ich habe noch das Gefühl von Zivilisation. Heute stehe ich auf einem ganz tollen Campingplatz in Mont Louis. Der Strom ist vielleicht 20 Meter entfernt, ich höre das rauschen der Wellen, denn aufgrund der Breite ist es gefühlt schon der Atlantik, geographisch aber halt nicht. Der Ort selbst? Lach, 5 Spitzbuben und eine Kirche – That’s it! Es sind diese ganz kurzen Begegnungen mit „fremden“ Menschen, die das Leben so liebenswert macht. das einchecken war toll, denn die junge Frau sprach mir sehr, sehr, sehr vertraut: Alberta canadisch (englisch). Völlig unterschiedliche Voraussetzungen mit gleichem Ergebnis. Ich habe wirklich erst englisch (Alberta canadian) während meines Assignments 1992 – 1994 in Calgary gelernt. Sie kommt aus einem kleinen Ort vom Nordufer, wo es gar keine Notwendigkeit gibt englisch zu lernen, da die Nordseite vom Strom so weit östlich Richtung Labrador nicht mehr touristisch ist und alle nur französisch sprechen. Sie hat dann nach der Schule englisch in Banff, Alberta gelernt, als sie Jobs, ist hier sehr üblich – heute auch in Deutschland mit Work and Travel überwiegend in Australien und Neuseeland, in der Touristikbranche angenommen hat. Diese winzige Gemeinsamkeit in unseren Biographien war für beide herzerfrischend, danke, tolles Erlebnis / Erfahrung.
Ich mag den Herbst zum Pilze suchen. Hier stehen welche, die ich nicht kenne, aber schon majestätisch.

Nordamerika Tour 2023 – Tag 130 / 07.09.23


Gegen 17:00 Uhr kamen meine guten Freunde am Campingplatz an; immer wieder ein tolles Wiedersehen. Wir waren beim Chinesen Essen, das ging zu Fuß, und haben es uns dann am typischen nordamerikanischen Lagerfeuer gemütlich gemacht. Aufgrund der Entfernung unserer Lebensbereiche geht der Gesprächsstoff einfach nicht aus, und eigentlich ist der Abend viel zu kurz. Die Nachtruhe wurde für mich um 6:00 Uhr – mal wieder – gestört und abgebrochen. Statt Gesang der Singvögel gibt es hier lästig laute Krähen. Dem Hund hat es gut getan, so konnten wir vor dem Frühstück eine Stunde laufen.
Obwohl es merklich kalt wird konnten wir in der Sonne noch gemeinsam frühstücken, bevor es für mich gen Osten und für meine Freunde gen Westen ging. Es ging entlang dem St. Lorenz Strom auf dem Hyw. 132 nach Saint Ulric.
Der restliche Tag war eine Wundertüte voller Überraschungen. Ein Lowlight war der Hwy. 132. Marode, teilweise saniert und Baustellen ohne Ende, auf denen ich alle canadischen „Sicherungsmaßnahmen der Baustellen“ erlebt habe. Die einfachste: da steht jemand den ganzen Tag mit einem Schild in der Hand; auf der einen Seite STOP, auf der anderen Seite SLOW – und koordiniert sich per Funk mit dem Kumpel auf der anderen Seite der Baustelle. Deutlich weniger, aber auch praktiziert sind Ampeln – deutscher Standard, die Fähnchen Männchen kenne ich nur aus meiner Kindheit. Die nächste Steigerung ist Ampel mit Schranke, d. h. bei Rot geht zusätzlich noch eine Schranke runter – und nun der „Witz“ und in vollem Ernst: Da sitzt ein Typ im Auto, der die Schranke bedient – also nix Rot = Schranke runter, Grün = Schranke hoch. Heute hatte ich die Königsdisziplin, eventuell aufgrund der Länge von 15 Kilometern und echt schwierigen Bedingungen. Nach Schranke hoch und Grün fuhr ein Begleitfahrzeug vorweg.
Die nächste, und jetzt kommen nur noch schöne und positive Überraschungen: das Wetter: kühler, aber trocken und bessere Sicht. Hier in Saint Ulric ist der Strom bereits 67 Kilometer breit, d. h. das nördliche Ufer nicht zu sehen. Das was ich wahrnehme ist landnah, der typische Meergeruch, obwohl es noch 300 Kilometer bis zur Mündung sind, und durch den angenehmen Wind das Salz auf der Haut und geschmacklich auf den Lippen – ein bekanntes Glücksgefühl. Bei meiner Ankunft war noch Ebbe und die Spuren, die die Wasserkraft tagein, tagaus ausübt, beeindruckend zu sehen. Inzwischen ist auflaufendes Wasser, was den Blick verändert. Von den Salzwiesen und den „Wattvögeln“ bleibt nichts und von den Felsen, die aus dem Wasser ragen, ist auch nur noch wenig zu sehen. Die Sichtweite nimmt von gefühlten 5 Kilometern auf wenige 100 Metern ab. Das was wirklich super spannend an diesem Ort ist, und dass kann man nur durch interessiertes Nachlesen wissen, dass es ein bestimmtes Gleichgewicht des spezifischen Gewichtes auf Grund vom Salzgehalt zwischen Ebbe und Flut gibt. Als alter Seewasser Aquarianer weiß ich, dass jeder Salzwasserfisch theoretisch in Süßwasser leben könnte was die Atmung betrifft (Sauerstoff). Die Schwimmblase ist nur auf das andere spezifische Gewicht definiert (er findet keine Orientierung und Nahrung). Das ist hier das besondere, bei Flut sind die Verhältnisse mit der enormen Nahrungsquelle im Strom so, dass selbst Blauwale bis hierher kommen. Ok, bei 67 Kilometern Breite werde ich sie wohl nicht sehen.
Saint Ulric ist ein ganz liebenswerter Ort. Schön, bescheiden und romantisch. Ich stehe hier auf einem kleinen Platz, der sich Parc of the Captains nennt und der ganz offiziell von der Gemeinde zum Übernachten freigegeben wurde. Der Ursprung ist ein Schiff, dass hier auf Grund gelaufen ist. Auch wenn ich es nicht alles lesen kann bittet die Gemeinde in einer sicheren Box um Spenden, um diesen Platz erhalten zu können – das mache ich sehr gerne, auch großzügig.
In der ersten Reihe der Häuser sind einige marode, leer, und werden gerade saniert. Um die Ecke gibt es einen typisch französischen Einkaufsladen, der es mir sehr angetan hat. Von außen unscheinbar musste ich in den Keller und war tief beeindruckt vom Sortiment und der Freundlichkeit der Bedienung, die weniger Worte englisch drauf hatte als ich französisch. Neben einem Salat gibt es heute eine Pizza, kein TK Scheiß, sondern frisch zum abbacken. Sie ist belegt mit Garnelen und Hummer und ich werde noch Thunfisch , Kapern und Oliven ergänzen.

Nordamerika Tour 2023 – Tage 128 / 129 – 05./06.09.23


Als Highlight stand der Wasserfall Montmorency auf dem Programm. Er ist rund 30 Meter höher als die Niagara Fälle und bringt es während der Schneeschmelze immerhin auf 80% der Kapazität der Niagara Fällen, die er im Sommer natürlich nicht hat.
Es ging dann noch einmal durch die Stadt mit seinen vielen Umleitungen, um an das gegenüberliegende Ufer und den Hyw. 132 zu kommen. Nette kleine Orte, wieder diese riesigen Kirchen und viel Landwirtschaft, aber auch Käsereien säumten den Weg. Auch wenn der St. Lorenz Strom immer wieder zu sehen war konnte man geschätzt nur 250 Meter weit das Wasser sehen. Das war nicht mehr Dunst, sondern herbstlicher Nebel. Ziel für die nächsten zwei Tage ist Riviere du Loup, wo sich heute Nachmittag meine Freunde, die auf dem Heimweg von Kelowna sind, dazu gesellen werden.

Nordamerika Tour 2023 – Tag 127 / 04.09.23

Gut, dass ich mir den Wecker gestellt habe, denn die Hoffnung bezüglich des Kreuzfahrtschiffes hat sich nicht bewahrheitet, es liegt immer noch am Kai. Ich war schon um 7:30 Uhr in der Altstadt, und war noch angenehm leer. Sportlich hat es sich auch mehr als gelohnt, denn ich musste die steilen Treppen nehmen, da der Funiculaire du Vieux Québec nicht in Betrieb ist.
Die Altstadt war richtig abgewirtschaftet, ähnlich wie in Montreal, und wurde liebevoll im 19. und 20. Jahrhundert zu einem wahren Schmuckkästchen restauriert, bzw. nach Original Plänen rekonstruiert. Was die Franzosen dazu nutzten alle Gebäude, die die britischen Besatzer errichtet hatten abzureißen und durch französischen Baustil zu ersetzen. Die etwas jüngere Oberstadt auf dem Felsen hoch über dem St. Lorenz Strom ist von einer tollen Stadtmauer umgeben. Man kann gegen einwerfen kleiner Scheine (nicht Münzen) die rund 4,5 Kilometer lange Mauer begehen. In der Oberstadt haben sich historisch die Administration und der Adel angesiedelt. Fast schüchtern schmiegen sich die Behausungen der Bediensteten an den Fels. Das Wahrzeichen ist der riesige Komplex des Hotels Fairmont Le Chateau Frontenac. Aber auch die Kirchen können sich sehen lassen und müssen keinen Vergleich scheuen. Inzwischen gibt es an jeder Ecke ein Cafe oder Bistro, und mehrere Parks. Sehr schön ist die Terrasse Dufferin, die den Blick auf den heute sehr dunstigen St. Lorenz Strom freigibt. Der Hintergrund für diese geschichtsträchtige Stadt ist die Verengung des St. Lorenz Strom auf 1.100 Meter, der dann weiter Stromauf schnell 15 Kilometer Breite annimmt.
Über steile Treppen ging es hinunter in die Unterstadt zur Petit Champlain, der wohl ältesten Einkaufsstraße in Nordamerika. Ganz malerisch, verspielt und manchmal wie eine kleine Puppenstube wie sich die Häuser in Zeilen an den schmalen Gassen aufreihen. Farbenfroh mit vielen kleinen Boutiquen, Cafes, Bistros und Restaurants.
Fazit: Das nächste absolut traumhafte Highlight meiner Reise.

Nordamerika Tour 2023 – Tag 126 / 03.09.23


Manchmal scheitert man an der Sprache und fährt im Kreis. Aufgrund der vielen Umleitungen auf dem Hyw. 132 habe ich irgendwann ost und West verwechselt und war plötzlich wieder am Startpunkt. Ich habe dann doch die schnelle Route über den Hyw. 40 auf der Nordseite gewählt, der sich sehr gut fahren ließ. Auch in Quebec City war fast alles gut, mit Ausnahme der teilweise sehr rücksichtslosen Fahrer, wie in den Großstädten hier wohl üblich.
Ich stehe auf einem Parkplatz – 70$ pro 24 Stunden ist frech – aber sehr nahe der Altstadt am Stadthafen. Der Blick auf das Panorama der Altstadt ist einfach fantastisch und macht „Hunger“ auf den morgigen Besuch.
Hier bin ich tatsächlich unter vielen, ich schätze mal rund 30 Wohnmobile parken hier. Morgen werde ich sehr frühzeitig starten, denn zum einen wird es hochsommerlich heiß, und es liegt ein Kreuzfahrtschiff am Terminal. Noch habe ich die Hoffnung, dass es gegen 18:00 Uhr auslaufen wird. Wenn nicht tummeln sich morgen bis zu 4.000 Kreuzfahrer in der kleinen Altstadt.
Quebec ist die älteste Stadt in Canada und hat eine komplett erhaltene Altstadt aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Dazu eine komplette Stadtmauer, die einzige nördlich von Mexiko. Lange konnten sie Belagerungen und Angriffe der Briten aushalten, ehe sie in einer nur 20 minütigen Schlacht von den Briten eingenommen wurde. Hier wird nicht Frankreich geboten, hier ist Frankreich mit einer Bevölkerung von der 95% französisch sprechen.

Nordamerika Tour 2023 – Tag 125 / 02.09.23


Wir hatten einen angenehmen Abend in Boucherville. Es gab die Dump Station, wie in iOverlander beschrieben und sogar einen kostenlosen Trinkwasseranschluß, alle Achtung liebe Gemeinde, ganz herzlichen Dank. Zur Auswahl für die Übernachtung standen erst einmal zwei Optionen zur Verfügung. Eine Sportanlage mit angrenzendem Park und der Parkplatz der Bibliothek. Nirgends Schilder oder Hinweise, dass Übernachtung verboten ist. Bei der Bibliothek habe ich einen sehr freundlichen Canadier kennengelernt, der selbst schon länger in seinem Truck lebt. Der hat mir dann einen Parkplatz empfohlen, der durch Bäume so geschützt ist, dass ein Wohnmobil von der Straße aus nicht erkennbar ist. Eine sehr gute Empfehlung, die ich dankend genutzt habe. Ich bin dann noch einmal in den Ort gefahren, um beim China Mann vorbeizuschauen. Herrje, ich weiß es doch aus Calgary, dass alles, was nicht Chinatown ist, nichts taugt. Nun gut ist so passiert (lach). Es ist etwas herbstlich morgens und abends, d. h. sehr frisch und windig. Entsprechend sind wir ungewöhnlich spät um 09:00 Uhr aufgestanden. Die wärmende Sonne hat dann aber die „Lebensgeister“ geweckt, um eine neue Erfahrung zu sammeln. Ich musste tanken und war mega erstaunt, dass erst die dritte Tankstelle Diesel angeboten hat, das war wirklich das erste Mal. Voll ausgestattet mit neuer Gasflasche, vollem Wassertank, vollem Kühlschrank, leerem Abwasser Tank und leerer Toilette ging es dann auf dem Hyw. 132 weiter Richtung Quebec. Dieser Hyw. wird mich bis zur Mündung vom St. Lorenz Strom begleiten. Die Strecke gibt immer wieder Blicke auf den wunderschönen St. Lorenz Strom frei, der in der Breite sehr unterschiedlich ist. Wenn man es vor Ort sieht immer breit genug für Seeschiffe, aber es sind doch fast 900 Kilometer von der Mündung bis nach Montreal. Dagegen sind die 130 Kilometer von Cuxhaven nach Hamburg ein echter Witz. Unweigerlich kommen Erinnerungen hoch, ohne sich vor gut 30 Jahren überhaupt Gedanken zu machen, aber ja, nun habe ich den Weg gesehen, auf dem mein Hab und Gut 1992 nach Calgary und 1994 wieder nach Celle gekommen ist.
Die Route selbst führt durch intensiv landwirtschaftlich genutzte Gebiete mit einigen Ortsdurchfahrten. Die Orte sind überschaubar klein und bezaubernd. Alles findet irgendwie links und rechts der Hauptstrasse statt, vielleicht auch mal eine zweite Reihe, mehr aber nicht. Und, ohne Worte, egal wie klein der Ort ist gibt es eine alles dominierende Prunk Kirche.
Was ich richtig geil finde ist die Verkehrsführung ohne Ampeln. Sehr simpel und sehr funktional gibt es an Kreuzungen oder Abzweigungen Stop Schilder und jeder fährt nach dem Ankunftsprinzip.
Das ist auch hier in Nicolet so, aber die „Brückenköpfe“ am Fluß sind deutlich größer. Zwar findet das öffentlich Leben am Hyw. 132 statt – alle Geschäfte sind hier typisch Nordamerikanisch konzentriert – aber es gibt große Wohnsiedlungen. Und die unterscheiden sich sehr von den typische Holzhäusern. Ob es Fassaden zu Holzhäusern sind ist nicht erkennbar, aber es gibt Klinker, wie wir sie kennen, und wunderschöne Fassaden mit Natursteinen. Heute Nacht stehe ich hinter dem Lebensmittelladen
Super C, den es nur in Quebec gibt. So ein bisschen eine Fundgrube, denn sie haben eine tolle Auswahl an französischen Produkten.

Nordamerika Tour 2023 – Tag 124 / 01.09.23

Die Nacht verlief ziemlich unplanmäßig. Um 1:30 Uhr klopfte die Polizei an die Tür und es entwickelte sich ein freundliches Gespräch. Gelernt habe ich, dass seit kurzem im Canada, wenn nicht durch Schilder anders geregelt, Parks um 23:00 Uhr schließen und erst um 06:00 Uhr wieder öffnen, ganz unabhängig davon, ob es ein Tor oder eine Schranke, geschweige denn Hinweisschilder gibt. Nach etwas tauziehen durfte ich die Nacht bleiben mit dem Versprechen nicht am nächsten Abend wieder dort zu stehen. Um dem Gegenlicht am Mont Royal aus dem Wege zu gehen bin ich erst um 14:00 Uhr aufgebrochen. Dafür hatte ich genügend Zeit mit einem Ehepaar aus Zürich ins Gespräch zu kommen, sehr nett. Die sind mit eigenem Wohnmobil seit 11 Monaten unterwegs und haben große Teile der Panamericana Route beginnend in Argentinien über Alaska mit Ziel Halifax gemacht. Sie sind schon etwas müde, wie sie sagen, und freuen sich Ende September wieder in der Schweiz zu sein. Ich habe immer noch Kontakt zu den beiden Frauen und einem Hund, die das Ganze hin und zurück in drei Jahren machen wollen. Sie scheinen guter Dinge zu sein, auch wenn es echte Scheiße gegeben hat. Bei einem Ducato hat der Anlasser in Montreal aufgegeben, und um schnell an das Ersatzteil zu kommen ist die Fahrerin nach Deutschland geflogen, um es zu besorgen. Jetzt ist beim zweiten Ducato die Kupplung ausgefallen und die Ersatzteillieferung hat vier Wochen gedauert. Auch wenn es in kleinem Maßstab Fiat in Nordamerika gibt sieht es bei Ersatzteilen mau aus.
Fürs Licht genau richtig, fürs Parken eine Katastrophe. Ich habe sehr viel sehen können, einfach tolle Perspektiven, aber ich konnte nicht für ein Foto anhalten. Den L’Oratoire Saint Joseph du Mont Royal, ein gigantisches Bauwerk, konnte ich nur mit Mühe von der hinteren Seite ablichten. Um dort hinzukommen habe ich über eine halbe Stunde gestanden und gewartet. Ich musste in einer engen Straße warten bis die Eltern ihre Kinder aus der Schule abgeholt haben. Und da kennen die Eltern keine Verwandten, da wird sich mit Warnblinkanlage einfach hingestellt und der Durchgangsverkehr muss halt warten. Am Saint Joseph war es für nicht Busse alles als Baustelle gesperrt, so dass alle nur im Schneckentempo vorbeifahren konnten. Trotzdem mit ich mit den Eindrücken und Ausblicken hoch zufrieden. Nach längerem Suchen, auch Klärung der Frage ob westlich oder östlich vom St. Lorenz Strom (er fließt an dieser Stelle in Nord Süd Richtung) Richtung Quebec City zu fahren ist die Entscheidung auf den Süden gefallen. Der Hintergrund ist ganz einfach, ich brauchte eine Dump Station, um die Toilette zu leeren, denn die nächsten vier Tage werde ich frei, also nicht auf einem Campingplatz stehen. Die Fahrt war mitten in der Rush Hour von Montreal, so dass ich mich 1,5 Stunden wirklich durch die Stadt gequält habe, um auf die Südseite vom St. Lorenz Strom zu kommen. Ich bin jetzt in Boucherville, einem Ort, der sich sehen lassen kann. Klein, aber fein mit viel Apartments für Touristen statt Motels oder Hotels. Ich werde morgen bis nach Trois Rivieres fahren. Hier ist, 142 Kilometer von Montreal entfernt, und tatsächlich die erste und letzte Brücke über den St. Lorenz Strom vor Quebec City. In Trois Rivieres werde ich die Flussseite wechseln.

Nordamerika Tour 2023 – Tag 123 / 31.08.23


Eine halbe Stunde früher als der Wecker wurden wir von Baumaschinen geweckt. Strahlend blauer Himmel und mit 10 Grad empfindlich kühl. Wir sind dann auch sehr früh nach Montreal reingefahren. Die Verkehrsführung und Beschilderung können hilfreich sein, wenn man französisch lesen kann. Ich musste mich ganz auf das Navigationssystem verlassen, das, so glaube ich, einen guten Job gemacht hat. Es gab unzählige Baustellen und Umleitungen, aber, wir sind ohne Probleme am Old Port angekommen. Das frühe aufstehen hat sich gelohnt, der Parkplatz fast leer und kaum Menschen in der Altstadt, die kamen erst um 11:00 Uhr und dann auch geballt, als wenn sie sich verabredet hätten. Montreal hat eine sehr bewegte Geschichte, die es sich lohnt mal nachzulesen. Die Altstadt ist sehr typisch französisch, was die Bauwerke betrifft. Sie wird im Westen von der Rue Mc Gill, im Süden von der Rue St. Paul, im Osten von der Rue Berri und im Norden von der Rue Antoine begrenzt. Das sind gerade mal 0,7 Quadratkilometern mit einer OST West Ausdehnung von rund 1,3 Kilometern und einer Nord Süd Ausdehnung von rund 500 Metern. Nördlich schließt sich ein kleines Chinatown an, das vom Reiseführer empfohlen wird zu besuchen. Außer dem Eingangstor, siehe Bild, ist von „Town“ nichts zu sehen, überhaupt kein Vergleich zu Vancouver oder Calgary, die beide 1999 sehr viele Chinesen aus Hongkong aufgenommen, als Hongkong an China zurückgegeben wurde.
Die Altstadt kann man sehr gut zu Fuß bewältigen, und trotzdem ist es eine Fahrradstadt. Es gibt an jeder Ecke die Möglichkeit ein Fahrrad zu mieten und die Hauptwege der altstadt haben allen einen Fahrradweg. Ich hatte, außer was ich gelesen und an Bildern gesehen hatte, keine Erwartungen an die Bauwerke. Ich bin freudig überrascht, was da alles von den Einwanderern aus Europa „mitgenommen“ worden ist. Sehr vieles erinnert mich an die Orte der Bretagne und die Orte, Städte an der Biscaia. Die Pastelltöne und die niedlichen Straßenrestaurants sind sehr mediteran, sehr vergleichbar mit Teilen Frankreichs, Italiens, aber auch Kroatien. Sogar der Petersdom wurd, wenn auch in einem sehr kleinen Maßstab nachgebaut. Ergibt sofort ein bisschen Heimatgefühl. Die Straßenrestaurants machen tatsächlich erst um 12:00 Uhr ihre Pforten auf und Cafes gibt es erstaunlich nicht viele. Da wir es inzwischen 25 Grad warm haben und das Wohnmobil keinen Schatten hat muss ich auf die Kostprobe verzichten. Auch in Montreal sind Hunde in der Restauration nicht zugelassen.
Als Fazit: Die Altstadt ist wunderschön und ein sehr bereicherndes Highlight der Tour durch Nordamerika.

Nordamerika Tour 2023 – Tage 121 und 122 / 29./30.08.23


Der gestrige Tag ist schnell erzählt. Mit Sonne aufgestanden und einen Waldspaziergang gemacht, viele Wanderer getroffen, die in Short und T-Shirt ohne Regenkleidung unterwegs waren. Der Himmel wurde immer schwärzer, ein finsteres schwarz, das nichts gutes erahnen ließ. Und so war es dann um 11:30 Uhr so weit, es schüttete vom Himmel, dass man die parkenden Autos nicht mehr sehen konnte. Pudelnass kamen dann die Wanderer nach und nach zu ihren Autos und verschwanden schnell, denn inzwischen waren es nur noch 15 Grad. Heute Nacht bekam ich merkwürdigen Besuch auf dem Parkplatz. Um 3:00 Uhr parkte ein Pick-up neben mir. Man konnte aufgrund der Dunkelheit zwei rauchende Personen erkennen. Dann war es dunkel und um 5:00 Uhr verschwanden sie wieder. Der Regen ging nicht nur die ganze Nacht so sondern hat mich noch eine gute Stunde unterwegs Richtung Montreal begleitet. Das ist hier nicht ganz ungefährlich, denn die Spurrillen sind hier deutlich tiefer als bei uns und damit Aquaplaning vorprogrammiert.
Kurz vor Montreal wurde es dann trocken und der Ausblick auf den St. Lorenz Strom und die Skyline von Montreal waren gigantisch. Gut vorbereitet ist halb gewonnen, und so hatte ich gestern mehrere Alternativen zum Übernachten ausgesucht. Die erste Wahl ist der absolute Volltreffer, wir stehen am Parc Angrignon, rund 8 Kilometer südlich von der Altstadt. Es ging über den Hyw. 10 über den St. Lorenz Strom nach Montreal rein und dann gleich links entlang des Stromes zum Parkplatz. Ich bn sehr happy mit der kompakten Bauweise von meinem Wohnmobil, das sich wie ein breiterer SUV in der Stadt fährt. Der Park ist sauber, gepflegt und sehr groß, genau richtig für die Hunde Gänge. Und ich kann kostenlos parken und übernachten. Witterungsbedingt werden wir heute nocht nicht ins Zentrum fahren. Morgen soll es sonnig werden und wir werden früh reinfahren, um einen der wenigen Parkplätze für Wohnmobile zu ergattern. Bezüglich der Altstadt Nähe gibt es nur zwei offene Plätze, ansonsten gibt es nur Parkhäuser. Die anderen sind ca. 30 Minuten zu Fuß entfernt, oder mit der Metro erreichbar.

Nordamerika Tour 2023 – Tag 120 / 28.08.20023


Die Nacht war sehr bemerkenswert, da ich sehr bewußt wahrgenommen habe was der Unterschied zwischen einem nordamerikanischen und einem europäischen Wald ist. Gehört habe ich es natürlich immer, aber eher unbewusst. Ich kann nicht sagen was für nachtaktive Kreaturen sich im Wald aufhalten, sie machen aber ordentlich Lärm und Radau – schön zuzuhören. Vor der Abfahrt gabe es noch ein bisschen „Kino“, bzw. waren unbemerkt drei „Einzelgänger“ angekommen, die ich erst heute kennengelernt habe. Abenteurer, die mit einfachen Zelten und teilweise mit dem Fahrrad unterwegs sind. Aber alle haben einen Grill dabei, sehr romantisch.
Wir sind dann auf die letzte USA Etappe aufgebrochen. Der Hauptweg geht direkt nach Montreal, wo ich aber erst am Mittwoch hin möchte – zum einen dem Regen auszuweichen, zum anderen dem Hund noch einmal ausgiebig Wald zu gönnen, bevor es drei Tage die Einschränkung Großstadt für ihn gibt. In Richtung Mt. Sutton gab es einen ganz winzigen Grenzübergang, den ich nur durch eine rote Ampel und ein kleines Schild wahrgenommen habe. Die Abfertigung war sehr freundlich und völlig problemlos. Der Mt. Sutton gehört zu einem Skigebiet und die Gemeinde stellt die Parkplätze vom 15.05. bis 15.10. außerhalb der Skisaison für autarke Wohnmobile kostenlos zur Verfügung. Die Tagesgäste, ohne Übernachtung, sind natürlich herzlich willkommen. Auch hier, so wie ich es in Europa gesehen habe, gibt es umso mehr Radrennfahrer je bergiger es wird. Heute habe ich tatsächlich das erste Mal ein Tandem Fahrrad als Rennrad gesehen.
Hier im Schatten des Waldes und der Ruhe gibt es auch den Moment des Abschieds und der Dankbarkeit, denn ich werde die USA nicht noch einmal sehen. Der Meilenstein heute ist noch 50 Tage Nordamerika, besser Canada, die ich genießen werde. In der Rückbesinnung bin ich sehr glücklich, dankbar und stolz darauf, dass ich es zwischen 1989 und heute geschafft habe 27 von 50 Bundesstaaten gesehen zu haben (wenn ich mich nicht verzählt habe, oder einen vergessen habe). Jeder Bundesstaat hat für mich, wie auch Asien, Mittlerer Osten und Westafrika, seine eigene Geschichte und gr0ßen Reichtum an Erfahrungen.
Ich war in ganz unterschiedlichen Settings, Mobil Oil, Exxonmobil, Germanischer Lloyd, E.ON und privat mit unterschiedlichen Partnerinnen, Freunden und Kollegen, und sehr oft allein – (lach) heute mit Hund – unterwegs in:
Kalifornien
Texas
Florida
Ohio
Hawaii
Virginia
Alaska
Pennsylvania
Washington
Oregon
Arizona
Tennessee
Michigan
New York
Idaho
Montana
Minnesota
Vermont
Maine
Illinois
Oklahoma
Indiana
Nevada
Louisiana
Rhode Island
West Virginia
Florida
In Canada wird die „Ausbeute“ sogar noch übertroffen, denn am Ende dieser Reise werde ich 9 von 12 Provinzen gesehen haben:
Yukon
Northwest Territories
British Columbia
Alberta (Ursprung von allem hier)
Ontario
Quebec
New Brunswick
Prince Edward Island
Nova Scotia
Ich nehme für mich wahr, dass die Wertigkeit von „Fernweh“ sich geändert hat und ich freue mich sehr auf Europa und Deutschland in der Zukunft.

Nordamerika Tour 2023 – Tag 119 / 27.08.23

Der Tag war wie vorhergesagt, sehr herbstlich kühl und verregnet. Ich habe ihn genutzt, um mich über Montreal schlau zu lesen und ich habe gewaschen. Obwohl viele bereits wetterbedingt mittags abgereist sind war vom harten Kern heute wohl jeder zum Waschen in der Laundry. Entsprechend lange hat es gedauert drei Maschinen zu waschen. Auf den Campingplätzen werden ganz einfache Maschinen aufgestellt, die keinen Heizstab haben. Das wärmste sind also die 50 Grad aus der Warmwasserleitung. Am Ende wird es nicht richtig sauber und muss nach rund 6 Monaten halt teilweise ersetzt werden in Deutschland – kein Beinbruch, war nach Calgary und nach Alaska nicht anders. Heute morgen hatte ich kurzen Besuch und ein nettes Gespräch. Eine Deutsche, gebürtig aus Karlsruhe, hat in Deutschland einen US Armeeangehörigen geheiratet und ist vor 32 mit ihm in die USA gezogen. Vor 5 Jahren haben sie alles verkauft und sich ein großes Wohnmobil gekauft. In der Saison jobben sie beide für 6 Monate auf Campingplätzen aus Spaß an der Sache und überwintern dann für 6 Monate am Golf von Mexiko. Ihr deutsch war immer noch sehr ordentlich und der badische Akzent ebenfalls.
Inzwischen reißt der Himmel auf und es scheint ein bisschen die Sonne. Insgesamt soll es aber bis einschließlich Mittwoch unbeständig bleiben.

Nordamerika Tour 2023 – Tag 118 / 26.08.23


Die Nacht war angenehm ruhig, die Nachbarn haben nicht gestört. Ein älteres, übergewichtiges und obdachlos Pärchen leben hier mit Hund in einem Zelt. Für amerikanische Verhältnisse sehr ungewöhnlich ohne Auto.
Da der Besuch des Cabot Cheese Shop erst um 11:00 Uhr öffnet gab es viel Zeit auch schon mal an die Rückreise zu denken, denn ich muss das Wohnmobil vor der Verschiffung waschen, bzw. waschen lassen.
Wir sind dann die 11 Meilen nach Waterbury Center zum Shop gefahren. Nach dem gestrigen Frust heute wieder die Freude pur. Das Konzept ist ein anderes als in Brattleboro. Gemeinsam ist die Präsentation der Weine, Marmeladen, Honig und Co. Käse wird in einer anderen Art präsentiert, und zwar mit 10 Sorten als Würfel geschnitten zum unbegrenzten probieren. (Lach) Lunch brauchte ich nach dem Besuch nicht mehr. Zwei Sorten haben es mir richtig angetan, ein Chilli Cheddar, richtig scharf und ein Knobi Cheddar, von dem sagen würde, dass man ihn nur naschen kann, ohne jegliche „Beilage“. Der Käse zum Kauf ist abgepackt und damit die Menge vorgegeben – für Single zu viel. Was es hier zusätzlich gab waren unzählige Platten und Holzbretter, um Käse zu präsentieren. Sehr schöne Deko, wie ich finde.
Auf dem Gelände war auch ein Shop mit Proben alkoholischer Getränke jeder Art. Da zwickt es dann doch, dass man keinen neben sich hat, der auch mal das Fahren übernimmt. Entsprechend mache ich solche Proben nicht und erfreue mich an den schönen, bunten Gebäuden.
Wir sind dann weiter nach Burlington am Lake Champlain auf einen Campingplatz gefahren, wo wir zwei Tage verbringen werden. Die Waschmaschine ruft mal wieder, bevor es dann am Montag über eine weitere Käserei zurück zum Mt. Sutton nach Quebec, Canada geht. Von dort aus gibt es noch einmal einen Abstecher Richtung Westen nach Montreal, um die Stadtbesichtigung, die wegen der Hitze im Juni verschoben werden musste, nachzuholen. Ja, und dann geht es stramm nur noch Richtung Osten – am Ende bis nach Deutschland.
Die wertvollste App, die ich habe ist tatsächlich iOverlander. Hat nicht immer Ergebnisse zum frei stehen geliefert, aber oft genug, um in zwei Monaten 1.000$ an geplanten, besser möglichen Stellplatzgebühren zu sparen. Diese Freiheit gibt es in Europa schon lange nicht mehr.

Nordamerika Tour 2023 – Tag 117 / 25.08.23


Die Nacht war unruhig, denn es ist ein Sturmtief über das Tal gezogen. Sturmböen, Starkregen und Hagel haben ordentlich Lärm gemacht. Heute morgen war dann warme Kleidung und Regenjacke angesagt. Es ist noch immer sehr windig bei fiesem Nieselregen, könnte auch Nebelnässe sein. Von den Bergen sieht man so gut wie nichts, so tief hängen die Wolken.
Ist schon witzig wie groß Nordamerika und die Tour sind, irgendwie begegnet man vieles fast zweimal. Ich bin jetzt wieder auf der Höhe der White Mountains, die ich auf dem Weg Richtung Boston und New York besucht habe und auf einem parallelen Hyw. östlich von mir, den ich auf dem Weg von New York nach Quebec genutzt habe. Heute gibt es tatsächlich einen gemeinsamen Schnittpunkt der Strecken in dem Ort Woodstock. Man kann sich nicht alles merken, deshalb habe ich mal Frau Google gefragt in welchem Ort Woodstock das Festival in den 60er Jahren stattgefunden hat. Die verblüffende Antwort: in keinem! Der Name blieb entsprechend der Vorplanungen für Woodstock in New York State. Tatsächlich ist das Festival aber am White Lake in New York State auf dem Weideland eines Großbauerns ausgetragen worden.
Heute standen auf dem Programm:
1. Billings Farm in Woodstock
2. Vermont Farmstead Cheese Company in Windsor
3. Cabot Cheese and Visitor Center
Auch wenn ich das Angebot nur selten nutze, da ich nicht wandere, bin ich begeistert, das alle Orte, und sind sie noch so klein ein Visitor Center haben, sofern Outdoor Aktivitäten angeboten werden. Ich finde es nicht nur hilfreich Karten und Infomaterial kostenlos zu bekommen, sondern hier bekommt man auch die notwendigen Informationen, ob Bären in dem Gebiet von den Rangern gemeldet wurden.
Der Tag war eine große Herausforderung mit allem, was dazu gehört. Geduld, Frust, Wut, Dehmut, Dankbarkeit und das Gefühl, ja, solche Tage gibt es und sie sind wertvolle Erfahrungen für das eigene Wachstum und das Vertrauen, dass es immer eine Lösung gibt.
Die Tour auf dem Cheese Trail ist eine offizielle Empfehlung des Bundesstaates Vermont. Toll beschrieben und mit tollen Bildern haben sie die Homepage gestaltet. Und nun das frustrierend ABER, sie haben die Seite nicht aktualisiert, dazu später mehr.
Nach dem tollen Erlebnis auf der Farm in Brattleboro und den Bildern der 3 Standorte im Netz war die erwartung schon recht hoch. Bei strömendem Regen ging es dann zur Billings Farm in Woodstock. Es ist in dem Sinne keine Farm, sondern ein schmuckes Museumsdorf. Ganz liebevoll restaurierte Gebäude in gepflegter Umgebung. Insofern ein Gewinn vom Besuch. Was ich übersehen habe ist die Tatsache, dass es hier neben der Besichtigung der Gebäude Events gibt, aber keinen Käse Shop. Es gibt einen Souvenirshop, wo man abgepackten Käse, wie im Supermarkt, kaufen kann. Da es einmal trocken war mit viel Grün in der Anlage ist auch Xandro voll auf seine Kosten gekommen.
Es ging weiter nach Windsor, eigentlich ein Abstecher wieder gen Süden, aber die Bilder von der Vermont Farmstead Cheese Company waren einfach auf der offiziellen Homepage sehr verlockend. Angekommen sagte Navi Uschie das Ziel ist rechts. Ok, da war ein Gebäude, aber keine Cheese Company. Nach mehrmaligem kreiseln bin ich dann in einen Outdoor Laden gegangen und habe nachgefragt. Die Antwort war entsetzlich traurig, die Company ist durch Corona fast vollständig in die Pleite gerauscht. Die Hauptgeschäftszweige waren nicht Käse, sondern eine kleine Brauerei für das eigene Restaurant und ein zweites Restaurant, alles in einem eigenen Komplex. Die Brauerei und das zweite Restaurant haben sie retten können, den Käse Shop leider nicht. In dem kurzen Gespräch kam so viel Traurigkeit rüber, dass eine Institution, wie dieser Käse Shop durch die Pandemie einfach nicht mehr existiert.
Es ging dann wieder Richtung Norden nach Cabot. Das waren die bisher schlimmsten Road Erfahrungen, die ich hier erlebt habe. Das mag daran liegen, dass die Straßenordnung hier nicht unähnlich zu Europa ist. Hyw’s. mit einem I (Inter State) davor sind große Autobahnen. Einstellig bezeichnete Straßen sind Autobahnen im Hoheitsgebiet einen Bundesstaates. Zweistellig entspricht unseren Bundesstraßen, dreistellig unseren Landstraßen. Auch wenn Straßen ohne Ziffern unseren Kreisstraßen entsprechen und i. d. R. ok sind, sind es hier eher Grüne Plan Wege.
Zurück zur Route, und den vielen Baustellen. Wie bei uns auch wird der Asphalt „abgeschält“ und erneuert. Bei und bleibt die Spur solange gesperrt, bis der neu Ashalt aufgebracht ist. Das ist hier anders, und so „eiert“ man, besonders bei Nässe, in diesen Spurrillen umher. Es gibt in dem Sinne keinen soliden Unterbau, sodass der Untergrund auch gene mal der gewachsene Boden ist, der dann wie fahren auf Schmierseife ist.
Also weiter auf nach Cabot. Herrje, den Laden gibt es auch nicht mehr, sondern nur die Produktion. Der Laden selbst ist umgezogen, ca. eine Stunde westlich von Cabot. Auch das ist leider in dem Internetauftritt nicht aktualisiert worden. Außer dem Frust in dem Moment ist es nicht tragisch, da der neue Standort auf meiner Route liegt, wenn ich morgen nach Burlington fahre. Über iOverlander habe ich mir einen Standplatz in Montpelier ausgesucht, direkt hinter der Touristeninformation. Ich weiß, dass ist nicht zu fassen oder zu glauben, aber die Adresse gibt es nicht mehr. Es gibt das Gebäude mit dem Hinweis permanently closed, einen großen Bauzaun und eine Abrissbirne. 5 km weiter habe ich spontan einen Stellplatz entdeckt, der nichts besonderes ist, aber ein legaler Stellplatz.

Nordamerika Tour 2023 – Tag 116 / 24.08.23


Es war endlich mal wieder eine erholsame Nacht ohne Hitze. Im Gegenteil, um 5:00 Uhr weckte mich die Kälte von 10 Grad und dichtem Nebel, so dass ich im August (!) die Heizung angemacht habe. Da die Käsereien erst um 10 Uhr öffnen war Zeit für eine ausgiebige Dusche und Frühstück. Die erste Käserei war nur einen Steinwurf entfernt und wir waren nach 12 Minuten da. Die Retreat Farm macht schon von außen viel her, herrschaftlich und rundum sehr gepflegt. Von der Käserei selbst, die in einem anderen Gebäude untergebracht ist, sieht man nichts.
Beim Betreten des Shops hat es mir richtig die Sprache verschlagen. So viel Schönes, buntes und Liebe zum Detail kenne ich nur von Harrods in London, was man zwar anschauen, aber nicht bezahlen möchte.
Während der Käseproben kamen wir in ein sehr nettes Gespräch. Es ist also nicht ganz richtig was im Internet und den Reiseführern zum Cheese Trail geschrieben wird. In Vermont selbst wird nur Cheddar in allen Variationen hergestellt. Wie ich für heute weiß war die Retreat Farm ein ganz ungewöhnliches, überwältigendes Highlight, mal sehen ob die nächsten Käsereien das toppen können. Und hier lege ich nur den Fokus auf Käse, nicht auf die anderen Leckereien wie Honig, Marmelade, Ahornsirup, Weine und Dekoartikel, die es hier auch in Hülle und Fülle gab.
Die Farm hat neben dem eigenen Cheddar eine sehr große Menge an Käsesorten, die nicht in Vermont, sondern überwiegend in New York State hergestellt werden. Darunter nach Originalrezept Gouda und schweizer Bergkäse. Sie schmecken genauso wie zu Hause, gut kopiert, könnten aber auch europäische Wurzeln sein. Was für Amerikaner fast ein No-Go ist sind Weichkäse. Auch hier hatte die Farm ein tolles Sortiment mit Kostproben. Mir alles zu mild und ein Verständnisvolles Nicken vom Wirt, der das erwartet hat und offensichtlich um die Würzigkeit in Deutschland und Frankreich bescheid weiß.
Ich war verblüfft wie schnell die Zeit vergehen kann wenn ich mich mit etwas sehr schönem umgebe und in den Flow komme. Ich habe am Ende von mehr als 1,5 Stunden 3 Käsestücke gekauft, von denen mir eins unglaublich gut gefällt und ich noch nicht kannte. Ein Schnittkäse aus 50:50 Anteilen Kuh- und Schafsmilch. Das kann für die Gaumenfreuden keiner von beiden alleine. Ich denke, dass ich heute damit begriffen habe was Winzer kulinarisch / künstlerisch unter Verschneiden verstehen.
Es ging dann auf Hyw. 30 weiter Richtung Norden weiter, naja, sehr langsam durch sehr viele Baustellen. Und die sind so etwas von berichtigt, denn der alte Hwy. 30 befindet sich physisch in Auflösung – Durchschnittsgewindigkeit um die 30 km/h.
Die zweite Käsefarm, die ich ausgesucht habe war unerreichbar. Ich war westlich vom Fluss und die Farm östlich. Es gab Brücken, solche, die wir nicht kennen – mit Dach gegen Vereisung. Die kann ich nicht nutzen, da die Durchfahrtshöhe 3,10 Meter betrifft, ich aber 3,30 Meter brauche, um ohne Einweiser sicher durchzufahren. „Und Leute“ ich weiß wie beschissen abrasierte Wohnmobile aussehen. Den Umweg von 200 Kilometern habe ich mir dann erspart und bin in Richtung Plymouth zur Plymouth Cheese Farm gefahren.
Die Fahrt dorthin war so etwas wie heimisches, bekanntes Terrain. Über viele Kilometer ist das Gebiet landschaftlich dem Pfälzer Wald, den ich durch den Beruf und gute Freunde in Grünstadt kenne, unglaublich ähnlich. Angekommen in Plymouth und der groß im Internet angekündigten Attraktion von Plymouth Cheese war die Enttäuschung groß. Der Ort, 5 Häuser, eine Kirche, die Käserei und kein Netz. Die Attraktion ist nicht der Verkauf – armselig – sondern die Besichtigung der Herstellung. Na toll, die endet immer um 14 Uhr und ich war um 15 Uhr erst dort.
Ich bin dann weiter Richtung geplantem Stellplatz gefahren, den es zwar gibt, aber nicht nutzbar ist aufgrund einer dieser großen Baustellen. Immerhin hatte ich wieder Empfang über das Internet, um nach Alternativen zu suchen. 16 Kilometer entfernt gab es sie, das Ski Resort Killington.
Drei völlig unterschiedliche Parkplätze, einer für das Hotel, einer für das Ski Resort (beide nicht für Übernachtung erlaubt), und ein public parking lot, wo ich heute Nacht legal stehe.
Ich weiß nicht auf welcher Höhe ich hier bereits bin, aber ich bin direkt im Skigebiet gelandet, das ich lange als Silhouette vor mir hatte. Die Hänge sind nicht gewaltig, gar kein Vergleich zu Lake Louise, Sunshine oder Whistler in Canada – vielleicht eher wie im Harz. Die Gemeinsamkeit bleibt, obwohl ich das Skifahren über viele Jahre sehr genossen habe, im Sommer sieht man die Narben, die der Mensch künstlich der Natur zugefügt hat, und dass für ca. 600 Meter Abfahrt????????? Äh Nöööööö.
Es gab auch eine lustige Begebenheit auf dem Parkplatz, ein Truck hielt und machte Fotos von meinem Wohnmobil. Das macht immer etwas nervös, da ich nicht weiß, ob ich hier stehen darf. Am Ende war es ein ganz entspanntes Gespräch, denn der Typ war fasziniert von meinem Wohnmobil (lach, wie ich auch!), da er so etwas noch nie gesehen hat. Stimmt, so etwas – ohne jede Wertung: gibt es hier nicht. Was vergleichbar im Trend ist sind die Vans, und so war ich sehr überrascht heute einen USA Van auf Basis eines VW Crafter zu sehen, was schon in Deutschland die absolute Ausnahme ist, weil ohne ersichtlichen Grund VW 20.000 Euro teurer ist als Basis Fahrzeuge von Fiat, Citrön, Renault oder Ford.