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Nordamerika Tour 2023 – Tag 130 / 07.09.23


Gegen 17:00 Uhr kamen meine guten Freunde am Campingplatz an; immer wieder ein tolles Wiedersehen. Wir waren beim Chinesen Essen, das ging zu Fuß, und haben es uns dann am typischen nordamerikanischen Lagerfeuer gemütlich gemacht. Aufgrund der Entfernung unserer Lebensbereiche geht der Gesprächsstoff einfach nicht aus, und eigentlich ist der Abend viel zu kurz. Die Nachtruhe wurde für mich um 6:00 Uhr – mal wieder – gestört und abgebrochen. Statt Gesang der Singvögel gibt es hier lästig laute Krähen. Dem Hund hat es gut getan, so konnten wir vor dem Frühstück eine Stunde laufen.
Obwohl es merklich kalt wird konnten wir in der Sonne noch gemeinsam frühstücken, bevor es für mich gen Osten und für meine Freunde gen Westen ging. Es ging entlang dem St. Lorenz Strom auf dem Hyw. 132 nach Saint Ulric.
Der restliche Tag war eine Wundertüte voller Überraschungen. Ein Lowlight war der Hwy. 132. Marode, teilweise saniert und Baustellen ohne Ende, auf denen ich alle canadischen „Sicherungsmaßnahmen der Baustellen“ erlebt habe. Die einfachste: da steht jemand den ganzen Tag mit einem Schild in der Hand; auf der einen Seite STOP, auf der anderen Seite SLOW – und koordiniert sich per Funk mit dem Kumpel auf der anderen Seite der Baustelle. Deutlich weniger, aber auch praktiziert sind Ampeln – deutscher Standard, die Fähnchen Männchen kenne ich nur aus meiner Kindheit. Die nächste Steigerung ist Ampel mit Schranke, d. h. bei Rot geht zusätzlich noch eine Schranke runter – und nun der „Witz“ und in vollem Ernst: Da sitzt ein Typ im Auto, der die Schranke bedient – also nix Rot = Schranke runter, Grün = Schranke hoch. Heute hatte ich die Königsdisziplin, eventuell aufgrund der Länge von 15 Kilometern und echt schwierigen Bedingungen. Nach Schranke hoch und Grün fuhr ein Begleitfahrzeug vorweg.
Die nächste, und jetzt kommen nur noch schöne und positive Überraschungen: das Wetter: kühler, aber trocken und bessere Sicht. Hier in Saint Ulric ist der Strom bereits 67 Kilometer breit, d. h. das nördliche Ufer nicht zu sehen. Das was ich wahrnehme ist landnah, der typische Meergeruch, obwohl es noch 300 Kilometer bis zur Mündung sind, und durch den angenehmen Wind das Salz auf der Haut und geschmacklich auf den Lippen – ein bekanntes Glücksgefühl. Bei meiner Ankunft war noch Ebbe und die Spuren, die die Wasserkraft tagein, tagaus ausübt, beeindruckend zu sehen. Inzwischen ist auflaufendes Wasser, was den Blick verändert. Von den Salzwiesen und den „Wattvögeln“ bleibt nichts und von den Felsen, die aus dem Wasser ragen, ist auch nur noch wenig zu sehen. Die Sichtweite nimmt von gefühlten 5 Kilometern auf wenige 100 Metern ab. Das was wirklich super spannend an diesem Ort ist, und dass kann man nur durch interessiertes Nachlesen wissen, dass es ein bestimmtes Gleichgewicht des spezifischen Gewichtes auf Grund vom Salzgehalt zwischen Ebbe und Flut gibt. Als alter Seewasser Aquarianer weiß ich, dass jeder Salzwasserfisch theoretisch in Süßwasser leben könnte was die Atmung betrifft (Sauerstoff). Die Schwimmblase ist nur auf das andere spezifische Gewicht definiert (er findet keine Orientierung und Nahrung). Das ist hier das besondere, bei Flut sind die Verhältnisse mit der enormen Nahrungsquelle im Strom so, dass selbst Blauwale bis hierher kommen. Ok, bei 67 Kilometern Breite werde ich sie wohl nicht sehen.
Saint Ulric ist ein ganz liebenswerter Ort. Schön, bescheiden und romantisch. Ich stehe hier auf einem kleinen Platz, der sich Parc of the Captains nennt und der ganz offiziell von der Gemeinde zum Übernachten freigegeben wurde. Der Ursprung ist ein Schiff, dass hier auf Grund gelaufen ist. Auch wenn ich es nicht alles lesen kann bittet die Gemeinde in einer sicheren Box um Spenden, um diesen Platz erhalten zu können – das mache ich sehr gerne, auch großzügig.
In der ersten Reihe der Häuser sind einige marode, leer, und werden gerade saniert. Um die Ecke gibt es einen typisch französischen Einkaufsladen, der es mir sehr angetan hat. Von außen unscheinbar musste ich in den Keller und war tief beeindruckt vom Sortiment und der Freundlichkeit der Bedienung, die weniger Worte englisch drauf hatte als ich französisch. Neben einem Salat gibt es heute eine Pizza, kein TK Scheiß, sondern frisch zum abbacken. Sie ist belegt mit Garnelen und Hummer und ich werde noch Thunfisch , Kapern und Oliven ergänzen.