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Nordamerika Tour 2023 – Tag 116 / 24.08.23


Es war endlich mal wieder eine erholsame Nacht ohne Hitze. Im Gegenteil, um 5:00 Uhr weckte mich die Kälte von 10 Grad und dichtem Nebel, so dass ich im August (!) die Heizung angemacht habe. Da die Käsereien erst um 10 Uhr öffnen war Zeit für eine ausgiebige Dusche und Frühstück. Die erste Käserei war nur einen Steinwurf entfernt und wir waren nach 12 Minuten da. Die Retreat Farm macht schon von außen viel her, herrschaftlich und rundum sehr gepflegt. Von der Käserei selbst, die in einem anderen Gebäude untergebracht ist, sieht man nichts.
Beim Betreten des Shops hat es mir richtig die Sprache verschlagen. So viel Schönes, buntes und Liebe zum Detail kenne ich nur von Harrods in London, was man zwar anschauen, aber nicht bezahlen möchte.
Während der Käseproben kamen wir in ein sehr nettes Gespräch. Es ist also nicht ganz richtig was im Internet und den Reiseführern zum Cheese Trail geschrieben wird. In Vermont selbst wird nur Cheddar in allen Variationen hergestellt. Wie ich für heute weiß war die Retreat Farm ein ganz ungewöhnliches, überwältigendes Highlight, mal sehen ob die nächsten Käsereien das toppen können. Und hier lege ich nur den Fokus auf Käse, nicht auf die anderen Leckereien wie Honig, Marmelade, Ahornsirup, Weine und Dekoartikel, die es hier auch in Hülle und Fülle gab.
Die Farm hat neben dem eigenen Cheddar eine sehr große Menge an Käsesorten, die nicht in Vermont, sondern überwiegend in New York State hergestellt werden. Darunter nach Originalrezept Gouda und schweizer Bergkäse. Sie schmecken genauso wie zu Hause, gut kopiert, könnten aber auch europäische Wurzeln sein. Was für Amerikaner fast ein No-Go ist sind Weichkäse. Auch hier hatte die Farm ein tolles Sortiment mit Kostproben. Mir alles zu mild und ein Verständnisvolles Nicken vom Wirt, der das erwartet hat und offensichtlich um die Würzigkeit in Deutschland und Frankreich bescheid weiß.
Ich war verblüfft wie schnell die Zeit vergehen kann wenn ich mich mit etwas sehr schönem umgebe und in den Flow komme. Ich habe am Ende von mehr als 1,5 Stunden 3 Käsestücke gekauft, von denen mir eins unglaublich gut gefällt und ich noch nicht kannte. Ein Schnittkäse aus 50:50 Anteilen Kuh- und Schafsmilch. Das kann für die Gaumenfreuden keiner von beiden alleine. Ich denke, dass ich heute damit begriffen habe was Winzer kulinarisch / künstlerisch unter Verschneiden verstehen.
Es ging dann auf Hyw. 30 weiter Richtung Norden weiter, naja, sehr langsam durch sehr viele Baustellen. Und die sind so etwas von berichtigt, denn der alte Hwy. 30 befindet sich physisch in Auflösung – Durchschnittsgewindigkeit um die 30 km/h.
Die zweite Käsefarm, die ich ausgesucht habe war unerreichbar. Ich war westlich vom Fluss und die Farm östlich. Es gab Brücken, solche, die wir nicht kennen – mit Dach gegen Vereisung. Die kann ich nicht nutzen, da die Durchfahrtshöhe 3,10 Meter betrifft, ich aber 3,30 Meter brauche, um ohne Einweiser sicher durchzufahren. „Und Leute“ ich weiß wie beschissen abrasierte Wohnmobile aussehen. Den Umweg von 200 Kilometern habe ich mir dann erspart und bin in Richtung Plymouth zur Plymouth Cheese Farm gefahren.
Die Fahrt dorthin war so etwas wie heimisches, bekanntes Terrain. Über viele Kilometer ist das Gebiet landschaftlich dem Pfälzer Wald, den ich durch den Beruf und gute Freunde in Grünstadt kenne, unglaublich ähnlich. Angekommen in Plymouth und der groß im Internet angekündigten Attraktion von Plymouth Cheese war die Enttäuschung groß. Der Ort, 5 Häuser, eine Kirche, die Käserei und kein Netz. Die Attraktion ist nicht der Verkauf – armselig – sondern die Besichtigung der Herstellung. Na toll, die endet immer um 14 Uhr und ich war um 15 Uhr erst dort.
Ich bin dann weiter Richtung geplantem Stellplatz gefahren, den es zwar gibt, aber nicht nutzbar ist aufgrund einer dieser großen Baustellen. Immerhin hatte ich wieder Empfang über das Internet, um nach Alternativen zu suchen. 16 Kilometer entfernt gab es sie, das Ski Resort Killington.
Drei völlig unterschiedliche Parkplätze, einer für das Hotel, einer für das Ski Resort (beide nicht für Übernachtung erlaubt), und ein public parking lot, wo ich heute Nacht legal stehe.
Ich weiß nicht auf welcher Höhe ich hier bereits bin, aber ich bin direkt im Skigebiet gelandet, das ich lange als Silhouette vor mir hatte. Die Hänge sind nicht gewaltig, gar kein Vergleich zu Lake Louise, Sunshine oder Whistler in Canada – vielleicht eher wie im Harz. Die Gemeinsamkeit bleibt, obwohl ich das Skifahren über viele Jahre sehr genossen habe, im Sommer sieht man die Narben, die der Mensch künstlich der Natur zugefügt hat, und dass für ca. 600 Meter Abfahrt????????? Äh Nöööööö.
Es gab auch eine lustige Begebenheit auf dem Parkplatz, ein Truck hielt und machte Fotos von meinem Wohnmobil. Das macht immer etwas nervös, da ich nicht weiß, ob ich hier stehen darf. Am Ende war es ein ganz entspanntes Gespräch, denn der Typ war fasziniert von meinem Wohnmobil (lach, wie ich auch!), da er so etwas noch nie gesehen hat. Stimmt, so etwas – ohne jede Wertung: gibt es hier nicht. Was vergleichbar im Trend ist sind die Vans, und so war ich sehr überrascht heute einen USA Van auf Basis eines VW Crafter zu sehen, was schon in Deutschland die absolute Ausnahme ist, weil ohne ersichtlichen Grund VW 20.000 Euro teurer ist als Basis Fahrzeuge von Fiat, Citrön, Renault oder Ford.